Montag, 20. April 2009

juristische Stilblüten

Juristen sind ein Ausbund an Ausdruckskraft, das wissen wir ja. Manche Stilblüten amüsieren mich immer wieder - man muss allerdings zur Kenntnis nehmen, dass viele Juristen den Humor in diesen Angelegenheiten längst verloren haben.

Manchmal ist es einfach nur lustig, wie in manchen juristischen Sprachabsonderungen versucht wird, die Welt zu erklären. Besondere "Freude" macht das Thema Tod:

  • Stirbt ein Bediensteter während einer Dienstreise, so ist damit die Dienstreise beendet. (Bundesreisekostengesetz 1973)

  • Der Tod stellt aus versorgungsrechtlicher Sicht die (stärkste) Form der Dienstunfähigkeit dar.
    (Unterrichtsblätter für die Bundeswehrverwaltung)

  • Es ist nicht möglich, den Tod eines Steuerpflichtigen als "dauernde Berufsunfähigkeit" im Sinne von § 16 Abs. 1 Satz 3 EStG zu werten und demgemäß den erhöhten Freibetrag abzuziehen.
    (Bundessteuerblatt)

  • Zur Besichtigung oder Öffnung einer schon beerdigten Leiche ist ihre Ausgrabung statthaft.
    (§ 87 Abs. 3 StPO)

  • Die Fürsorge umfasst den lebenden Menschen einschließlich der Abwicklung des gelebt habenden Menschen.
    (Vorschrift Kriegsgräberfürsorge)


Aber auch in anderen Bereichen kann man gar erstaunliches lesen, zum Beispiel, wenn es um Ehe und Familie geht:

  • Eine Ehe kann aufgehoben werden, wenn
    1. ein Ehegatte sich bei der Eheschließung im Zustand der Bewußtlosigkeit befand;
    [...]

    (§ 1314 Abs. 2 BGB)

  • Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.
    (§ 1591 BGB)

  • Welches Kind erstes, zweites, drittes Kind usw. ist, richtet sich nach dem Alter des Kindes.
    (Bundesanstalt für Arbeit)

  • Ehefrauen, die ihren Mann erschießen, haben nach einer Entscheidung des BSG keinen Anspruch auf Witwenrente.
    (Verbandsblatt des Bayrischen Einzelhandels)

Und sonst noch:

  • Eisenbahnen im Sinne dieses Gesetzes sind die Eisenbahnen, die dem öffentlichen Verkehr dienen, sowie die Eisenbahnen, die nicht dem öffentlichen Verkehr dienen[...]
    (§ 1 Abs. 3 Eisenbahnkreuzungsgesetz)

  • Margarine im Sinne dieser Leitsätze ist Margarine im Sinne des Margarinengesetzes.
    (Deutsches Lebensmittelbuch)

  • Kunststoff-Fenster mögen zahlreiche Vorteile haben, insbesondere in Bezug auf Wartung und Pflege - Holz hat den Vorteil, nicht aus Kunststoff zu sein.
    (Urteilsbegründung des LG München)

  • Besteht ein Personalrat aus einer Person, erübrigt sich die Trennung nach Geschlechtern.
    (Info des Deutschen Lehrerverbandes Hessen)

  • Die einmalige Zahlung wird jedem Berechtigten nur einmal gewährt.
    (Gesetz über die Anpassung von Versorgungsbezügen)


Manchmal hält uns der Gesetzgeber schlicht für Übermenschen:

  • Der Radfahrer muß das Brennen des Schlußlichts während der Fahrt ohne wesentliche Änderung der Kopf- oder Körperhaltung überwachen können.
    (§67 Abs.3 Straßenverkehrs-Zulassungs-Verordnung vom 24.08.1953)


Und manches fällt einfach nur in die Kategorie "Stilblüte", zuallererst natürlich die Klassiker, das verrückt gewordene Grenzzeichen und die Vereinigung von Bienenschwärmen:

  • Der Eigentümer eines Grundstücks kann von dem Eigentümer eines Nachbargrundstücks verlangen, dass dieser zur Errichtung fester Grenzzeichen und, wenn ein Grenzzeichen verrückt oder unkenntlich geworden ist, zur Wiederherstellung mitwirkt.
    (§ 919 Abs. 1 BGB)

  • Vereinigung von Bienenschwärmen.
    Vereinigen sich ausgezogene Bienenschwärme mehrerer Eigentümer, so werden die Eigentümer, welche ihre Schwärme verfolgt haben, Miteigentümer des eingefangenen Gesamtschwarms; die Anteile bestimmen sich nach der Zahl der verfolgten Schwärme.

    (§ 963 BGB)

  • An sich nicht erstattbare Kosten des arbeitsgerichtlichen Verfahrens erster Instanz sind insoweit erstattbar, als durch sie erstattbare Kosten erspart bleiben.
    (Beschluss des Landgerichts Rheinland-Pfalz)

  • Der Wertsack ist ein Beutel, der aufgrund seiner besonderen Verwendung nicht Wertbeutel, sondern Wertsack genannt wird, weil sein Inhalt aus mehreren Wertbeuteln besteht, die in den Wertsack nicht verbeutelt, sondern versackt werden.
    (Merkblatt der Deutschen Bundespost)

2 Kommentare:

Unknown hat gesagt…

Meinen Lieblingsparagraphen aus dem BGB hat man leider bei der letzten großen Reform des Familienrechts gestrichen: Den § 1300, auch "Kranzgeld" genannt. (Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob der Wortlaut in Dein Blog paßt ;-). )

Amica hat gesagt…

Du meinst den, wo die Ex-Verlobte nach der Lösung der Verlobung Schadensersatz verlangen konnte, wenn sie mit dem Ex-Verlobten geschlafen und dadurch ihre Jungfäulichkeit verloren hatte?