Montag, 15. Oktober 2007

Psalm in meinem Leben II: 84

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Psalm 84
Wie liebenswert ist deine Wohnung, Herr der Heerscharen! Meine Seele verzehrt sich in Sehnsucht nach dem Tempel des Herrn.
Faszination pur: Es gibt Orte in dieser Welt, an denen Gott wohnt. ER ist einfach dort. Atemberaubend, herzrhythmussteigernd, der reinste Wahnsinn. Durch die Anwesenheit Gottes wird dieses Haus geadelt, nicht durch seine äußeren Eigenschaften. Es ist ein Ort der Innerlichkeit, der die Äußerlichkeiten der Welt dort lässt, wo sie hingehören: Außen vor. Wer dies erfahren hat, dem mag es so gehen wie dem Psalmisten, der sich sehnt, ja, dessen Seele sich verzehrt nach diesem Ort, den er erfahren hat. Wie schmerzlich ist es für ihn, nicht mehr dort sein zu können. Alle seine Gedanken haben nur noch ein einziges Bild: Diesen Ort, an dem Gott in so besonderer Weise "da" ist.

Mein Herz und mein Leib jauchzen ihm zu, ihm, dem lebendigen Gott.
Dort ist ein Ort, an dem auch der Lobpreis eine ganz neue Qualität erhält, an dem ER als wesentlich erkannt wird, an dem alles sich auf IHN ausrichten kann. So sehr erleben wir immer wieder, dass dies irgendwo 'in der Welt' nicht so einfach ist. Herz und Leib werden immer wieder von anderem in Anspruch genommen, von eben jenen Äußerlichkeiten, die im Hause Gottes draußen bleiben müssen.

Auch der Sperling findet ein Haus und die Schwalbe ein Nest für ihre Jungen - deine Altäre, Herr der Heerscharen, mein Gott und mein König.
Jedes noch so kleine Tier findet einen Platz bei IHM. Und ich? Ich kann nicht dort sein, wo ich IHN finden durfte. Wieder musste ich dort weg - wer weiß, für wie lange? Au, es tut so weh. Dennoch hab ich eine Hoffnung, dass ich mich eines Tages dort niederlassen, mein "Nest" dort bauen darf, wo ER ist, der alles ist. Und diesen Tag sehne ich herbei.

Wohl denen, die wohnen in deinem Haus, die dich allezeit loben.
Denen geht's gut. Die schon da sind, angekommen sind, die der Welt soweit entkommen sind, dass sie dort an ihrem Ort IHN die ganze Zeit loben können. Es ist, so durfte ich erfahren, dort einfacher, das tatsächlich zu tun. Hier richtet sich unser Gotteslob nach dem Tagesablauf - dort richtet sich der Tagesablauf nach dem Gottesdienst. Ja, ihnen geht's dort gut. Fast möchte Neid in mir aufkommen, dicker gelber ekliger Neid, aber besser als Neid ist die Bewunderung darüber, dass ihr Lobpreis eine andere Ebene erreicht hat: Er endet nie. Und ich bin in gewisser Weise dankbar, dass sie ihn für uns, für mich, mitbetreiben. Ich kann mich darauf verlassen, dass dort im Hause des Herrn IHN jemand lobt, so dass ich meinem Tagesgeschäft nachgehen kann ohne Sorge.

Wohl den Menschen, die Kraft finden in dir, wenn sie sich zur Wallfahrt rüsten. Ziehen sie durch das trostlose Tal, wird es für sie zum Quellgrund, und Frühregen hüllt es in Segen.
Es gibt eine ganze Menge Menschen, denen es so geht: Die Gottessuche gibt ihnen Kraft. Das Sich-Auf-Den-Weg-Machen schenkt neues Leben. Das durfte auch ich schon ganz oft erfahren. Auch innerlich kann man einen Weg beginnen. Diese Wege müssen nicht einfach sein, solange nur ER sie begleitet. Dann kann man auch aus der letzten Wüste, aus dem dunkelsten Loch, aus dem kältesten Ort noch Heil erlangen. Ein Wunder.

Sie schreiten dahin mit wachsender Kraft; dann schauen sie Gott auf dem Zion.
Es ist manchmal wirklich merkwürdig, wie gerade das Kraftraubende, das Anstrengende, das Erschöpfende (wie stetiges und langes Gehen bei einer Wallfahrt) uns innerlich wachsen lässt. Je mehr "Niederlagen", je mehr Tiefpunkte im geistlichen Leben, so scheint es mir manchmal, desto größer die Sehnsucht, desto inniger der Wunsch, und, wenn ich mir so manchen "großen" Heiligen betrachte, der durch Nächte stolperte, desto näher auch SEINE tragende, unterstützende Liebe. So bleibt in mir die Hoffnung, IHM näher zu treten durch all das, was mich fertig macht, dadurch gestärkt zu werden, dass ER bei mir ist und IHN eines Tages schauen zu dürfen. Anzukommen. Am Ziel zu sein. Aber bis dahin, so scheint mir, ist der Weg noch sehr weit und ich werde massig Gelegenheiten haben, "Kraft zu sammeln".

Herr der Heerscharen, höre mein Beten, vernimm es, Gott Jakobs! Gott, sieh her auf unsern Schild, schau auf das Antlitz deines Gesalbten!
Schütze mich, erhöre mich!

Denn ein einziger Tag in den Vorhöfen deines Heiligtums ist besser als tausend andere.
Selbst, wenn ich nur noch in die Vorhöfe des Heiligtums hineingelange, ist das so ungeheuer wertvoll für mich. Dort kann ich wenigstens einen Hauch von diesem Leben erfassen, diesem wunderbaren Leben in der Nähe des Herrn. Ich sauge es in mich auf. Ich speichere es in meinem Herzen für schlechte Zeiten. Ein einziger Tag vermag so viel zu geben, wenn ich nur dort sein kann, nahe dem Ort meiner Sehnsucht.

Lieber an der Schwelle stehen im Haus meines Gottes als wohnen in den Zelten der Frevler.
Das ist ein bisschen wie mit den Hunden aus Mt 15,27. Natürlich will ich lieber die Brotreste, die vom Tisch der Herren herabfallen, als dass ich ganz und gar hungrig zu Bett gehen muss. Und selbst wenn ich dafür Tage oder Wochen an der Schwelle stehen muss, dann sind es die "Brotreste", um die es hier geht, wert, das nicht-übertreten-Dürfen zu ertragen. So schmerzhaft es auch sein mag. Und das ist es wirklich.

Denn Gott, der Herr, ist Sonne und Schild. Er schenkt Gnade und Herrlichkeit; der Herr versagt denen, die rechtschaffen sind, keine Gabe.
Denn diese "Brotreste" sind Leben (wie von der Sonne) und Schutz (wie durch einen Schild). Wenn ich IHN bitte, wird ER mich erhören. Kein Gebet, so sagt man mir, geht verloren.

Herr der Heerscharen, wohl dem, der dir vertraut!
Denn wem sollte man trauen können wenn nicht diesem wunderbaren Gott? ER wird mich schützen, ER wird mich leiten, und ER verlässt mich nicht. Amen.

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