Donnerstag bin ich in die Schweiz geflogen. Anlass war Silja Walters neunzigster Geburtstag. Wie komme ich nun dazu, zu Silja Walters Geburtstag eingeladen zu werden? Nein, ich bin nicht mit ihr bekannt oder so ... Und ich habe auch nichts besonderes geleistet. Einzig und allein an einem Schreibwettbewerb habe ich teilgenommen (und nein, ich habe ihn auch nicht gewonnen), dessen Teilnehmer alle eingeladen worden sind, nach Zürich zu kommen und an einem Zusammentreffen mit Benediktinern und am Geburtstags-Festakt teilzunehmen. In dem Vorprogramm, an dem ich leider nicht teilnehmen konnte, gab es einen Erfahrungsaustausch über das Schreiben und Gespräch mit verschiedenen Benediktinerinnen und Benediktinern.
Egal, um 18:30 Uhr war ich vor Ort und betrat die Klosterkirche nur eine halbe Stunde nach Beginn des Festakts. Der war auch sehr nett, aber ich war ziemlich müde. Hinterher war noch Stehempfang ohne Silja Walter (der Empfang war zweigeteilt in die Teilnehmer des Wettbewerbs und alle anderen, und Silja Walter war bei den anderen), und ich fragte, ob ich ihr denn wenigstens mein Geschenk noch irgendwann überreichen könne. Naja, heute sei das nicht möglich, aber da ich ja über Nacht bliebe, könne man am nächsten Tag mal schauen, vielleicht ... Sehr ermutigend war das nicht, und ich wollte dann auch bald ins Bett. Aber vorher ging ich in die Kirche, als es zur Komplet läutete. Die Komplet fiel spontan aus, die Schwestern beteten wegen des ganzen Trubels des Tages privat. Also blieb ich nur noch kurz zum stillen Gebet zurück. Als ich dann über den Hof zurück zur Klosterschule ging, wo wir untergebracht waren, lief mir wer über den Weg? Sr. Hedwig alias Silja Walter ... Ich traute mich erst nicht so recht, zu ihr zu gehen, aber sie sprach mich dann doch noch an und dann redeten wir kurz ... Die Frau hat eine unglaubliche Ausstrahlung, sie ist sehr klein und zart und wirkt etwas zerbrechlich, aber wenn man mit ihr spricht, dann ist sie unglaublich groß in allem, was sie sagt und wie sie es sagt. Naja, lang konnten wir nicht sprechen, aber ich bat sie zum Abschluss noch um ein gemeinsames Foto, wollte schnell laufen, meine Kamera holen ... sie vertröstete mich auf den nächsten Tag.
Am nächsten Morgen stand ich früh auf, denn ich hatte mit Sr. Martina verabredet, dass sie mich um 5:10 Uhr zur Vigil abholt. Etwas überrascht war ich dann, als noch ein anderes Mädchen auf dem Flur stand; das ist ungewöhnlich. Wir zwei setzten uns dann in die Kirche, und während die Schwestern auf der Empore beteten (da in der Nacht noch eine Schwester verstorben war, wurde das Totenoffizium gebetet und es war nicht möglich, uns noch schnell genug die Bücher aufzuschlagen - so hörten wir nur zu), merkte ich, dass auch "die andere" nicht zum ersten Mal im Kloster war. Nach der Vigil bekamen wir in der Küche einen Kaffee von der Küchenschwester und auch Brot und Marmelade (die ich allerdings um diese Zeit noch nicht runterbrachte, Maria - die andere - jedoch schon). Bis kurz vor sieben redete ich noch mit Maria.
In die Laudes kamen auch noch zwei andere Mädchen vom Schreibwettbewerb, und da hatten wir dann auch schon ein Buch zum Mitbeten. (Ab dem Responsorium stimmte es dann aber wieder nicht, vermutlich wegen der Osterzeit ...) Und dann gab es Frühstück. Zum Frühstück aßen wir zusammen mit Priorin Irene, einem Pater aus einem anderen Kloster ... und dann kam ein wenig später noch ... der Abtprimas. Dass er die Messe um 10:30 halten sollte, wusste ich ja schon, aber mit ihm gemeinsam zu frühstücken, war dann doch etwas anderes. Und da zahlte es sich aus, dass ich schon den ganzen Morgen meine Kamera bei mir trug und damit meine Hosentasche ausbeulte, um die zweite Gelegenheit für ein Bild mit Silja Walter nicht zu verpassen. Ich bat um ein Foto - "sonst glaubt mir keiner, dass ich den Abtprimas getroffen habe". Und ich bekam es. Ich sprach mit ihm noch kurz über benediktinische Säkularinstitute, aber dann machten wir nur noch ein Gruppenfoto, und er zog sich wieder zurück ...
Nach dem Frühstück sagte Priorin Irene, Sr. Hedwig habe ihr gesagt, dass ich ein Foto mit ihr machen wolle, ich solle mich jetzt gleich zu ihr bringen lassen. Ich und eine weitere Teilnehmerin des Wettbewerbs, die diese einmalige Gelegenheit ergriff, holten noch schnell unsere Präsente (und sie auch ihre Kamera), und auf ging es. Sr. Hedwig war wieder unglaublich lieb, sehr lebendig und total präsent. Sie gab mir sogar noch zusätzlich zum Foto ein Autogramm für eine Freundin. Total lieb. Und ein unglaubliches Glück, denn Silja Walter ist sonst niemand, den man leicht zu fassen bekommt. Sie lebt tatsächlich ein zurückgezogenes Klosterleben. Nunja, das waren glückliche Momente. Und auch hinterher, als ich mit Maria und zwei anderen noch den Klosterladen plünderte und ein bisschen fotografieren ging, das war toll. Die Messe mit dem Abtprimas war sowieso prima, und seine Predigt mehr als hörenswert.
Nach der Messe, zu der auch eine ganz liebe Schweizer Katholonin gekommen war, packte ich meine Sachen zuende und fuhr mit ebenjener in die Stadt hinein, wo wir noch etwas bummelten und quatschten und zu Mittag aßen. Und dann war es auch bald schon wieder Zeit für den Heimflug ... Aufgrund einer Bombenentschärfung am Hackeschen Markt in Berlin, wo mein Zug zurück nach Frankfurt langgefahren wäre, bin ich zwar dann über zweieinhalb Stunden später nach Hause gekommen als geplant, aber das kann die guten Erlebnisse nicht überschatten.
Insgesamt bin ich sehr froh, dort gewesen zu sein und allen dankbar, die mir dies ermöglicht haben.
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vor 3 Stunden
2 Kommentare:
Danke für den tollen Bericht! Ich freue mich mit Dir über so gnadenreiche Tage!
Das ist ja eine interessante Geschichte. Ich hab Silja Walter bisher nur im TV gesehen und war stets sehr beeindruckt.
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