Dienstag, 10. November 2009

Klein-Amica in der DDR

Und als Nachtrag zu gestern:

Vor 20 Jahren war ich ein fünfjähriges Mädchen von der schleswig-holsteinishen Ostsee und noch zu klein, um zu begreifen, was daran so wichtig war, dass im fernen Berlin eine Mauer umgefallen war.
Dennoch versuchte meine Mutter, mir die DDR, die Mauer, das geteilte Berlin und alles weitere zu erklären. Der Erfolg zeigte sich im folgenden Sommer, also in der Zeit zwischen Mauerfall und Wiedervereinigung, als wir im Sommer nach Bad Schmiedeberg oder Leipzig oder Halle fuhren, jedenfalls zu Verwandten in die DDR. Mein Vater hatte sich entschlossen, keinen offiziellen Grenzübergang zu nutzen, sondern über die sog. "grüne Grenze" zu fahren, die damals wohl schon in weiten Teilen offen gewesen sein muss. Er sagte das auch irgendwann während der Fahrt, und ich, fast sechs, fragte: "Schießen die dann auf uns?" Mein Vater antwortete etwas ironisch-sarkastisch: "Na, ich hoffe nicht." Die Ironie hab ich aber damals nicht erkannt, und so hatte ich die ganze Zeit Angst und saß still und verstockt zwischen meinen Geschwistern auf der Rückbank. Erst etwa 15 Jahre später hat sich das Missverständnis aufgeklärt.

Mit einer Tante (oder Großtante oder Quertante oder was auch immer, die Verhältnisse in unserer Verwandtschaft sind etwas komplex) war ich dann mal in einem Spielzeugladen "drüben" - und schwer enttäuscht, es gab nämlich fast gar keine Auswahl und nur irgendwelchen Kleinkram. Nix brauchbares. Aber die Ost-Münzen hab ich gesammelt, besonders die 20-Pfennig-Stücken, sowas hatten wir nämlich nicht. Und die Leute im Osten waren alle wild auf mein Westgeld ...

Montag, 9. November 2009

9. November 1989

Vor 20 Jahren war ich ein fünfjähriges Mädchen von der schleswig-holsteinishen Ostsee und noch zu klein, um zu begreifen, was daran so wichtig war, dass im fernen Berlin eine Mauer umgefallen war. Heute studiere ich in Frankfurt (Oder), im "anderen" Teil Deutschlands, und ich habe verstanden, dass es vor 20 Jahren einer ganzen Reihe an Wundern bedurfte, damit dies heute möglich ist. Ich habe hier Freunde und Brüder und Schwestern in Christus, die von rechts und links des eisernen Vorhangs kommen, und müsste ich mich für eine der Gruppen entscheiden, ich könnte es nicht. Ich bin dankbar, heute in einem geeinten Deutschland leben zu können und auch, dass es uns möglich ist, auf sehr hohem Niveau zu jammern.

Sonntag, 1. November 2009

Seven down - und der Geist des Examens

So, langsam wird es Zeit, dass ich wieder berichte: Ich habe es überlebt. Freitag haben wir die letzte Klausur geschrieben. Über den Inhalt von Strafrecht II berichte ich lieber nicht ...

Aber dann: Ich habe auf jeden Fall die besten Kollegen der Welt! Nach der Klausur erwartete mich vor dem Raum der größte Teil unseres Lehrstuhls ... Der Professor, die Sekretärin mit einem Blumenstrauß, in dessen Mitte der "Geist des Examens" thront (nicht zu verwechseln übrigens mit dem Geist des Konzil), daneben eine unserer wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und die drei nach mir diensältesten Hiwis. Ich hatte damit überhaupt nicht gerechnet und war erstmal sprachlos. Nicht so die versammelte Mannschaft: Alle gratulierten mir zum überstandenen Klausurmarathon, und dann schnappte sich unsere Sekretärin meinen kleinen Koffer mit den Gesetzestexten und marschierte voraus in einen eigens gebuchten Raum. Dort wurden sogleich Sekt und Kekse ausgepackt und sogar Sektkelche aus fast echtem Glas. Nachdem der Chef die Korken elegant aus den Sektflaschen entfernt hatte und wir angestoßen hatten, hab ich endlich meine Sprache wiedergefunden ... und musste ausführlich über die Klausuren berichten.

Nach einem Feierstündchen entschlossen sich alle, nun ins Wochenende zu entschwinden. Und ich blieb vor der Tür des Seminargebäudes bei der nächsten Examensparty hängen, wo mich die anderen Examens-nicht-mehr-Kandidaten wohl nicht ganz ohne Neid befragten, ob dieser "Auflauf" für mich bestimmt gewesen wäre. Auch dort bekam ich sofort ein Stück Kuchen in die Hand gedrückt und noch ein Schlückchen Sekt. (Da in einer Strafrechtsklausur stets chronischer Zeitmangel herrscht und ich folglich nichts gegessen hatte, machte sich der Alkohol langsam bemerkbar.) Kurz vor vier Uhr war ich aber glücklich zuhause. Abends wurde dann noch gegenüber vom Wohnheim im Hemmigway's ein kleines Gläschen gehoben, und gestern und heute hab ich mich dann erstmal erholt. Jetzt fängt das Leben wieder an, die Wohnung wird ab morgen auf Hochglanz gebracht, es wird gelesen, am Lehrstuhl gearbeitet, ein bisschen rekreiert - und dann geht's nach ein paar Wochen wieder weiter.

Ergebnisse dauern aber noch ne Weile, bitte fragt mich nicht ständig, das macht mich nur nervös ...

Und: Ein dickes DANKESCHÖN! an alle, die für mich gebetet und an mich gedacht haben! Der Rückhalt war deutlich spürbar und dringend nötig. Auf das der Geist des Examens der Heilige Geist gewesen sei. Der Blumenstrauß gebührt auch Euch: