Mittwoch, 13. Mai 2009

Psalm in meinem Leben VI: 63

Gott, Du mein Gott, dich suche ich, meine Seele dürstet nach dir. Nach dir schmachtet mein Leib wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser.

Dieser Psalm beschreibt die Zeit Davids in der Wüste Juda. Man kann sich vorstellen, dass er dort dürstendes Land gesehen hat, das nach jedem Tropfen Wasser giert - und jeder Tropfen, den es bekommen kann, bringt unmittelbar Blüten hervor. Und doch ist es immer zu wenig.
So kommt auch er sich vor, und so komme auch ich mir vor: Wie dürres, lechzendes Land ohne Wasser. Dieses Wasser, nach dem ich mich sehne, ist das Eine, das Lebendige Wasser - wir kennen die Geschichte von der Frau am Jakobsbrunnen (Joh 4,1-26). Wer Gott findet, wird nie mehr dürsten. Deshalb suche ich, und bis ich IHN wirklich gefunden habe, dürste ich nach jedem Tropfen, den ich abbekommen kann.

Darum halte ich Ausschau nach dir im Heiligtum, um deine Macht und Herrlichkeit zu sehen.

Welcher Ort könnte besser geeignet sein, um nach Gott Ausschau zu halten, als Sein Heiligtum? Heilige Orte suche ich so oft wie möglich auf, gerade dann, wenn mir Gott fern scheint. Einen Tempelbezirk habe ich nicht, aber anwesend ist Gott ja im Allerheiligsten - daran versuche ich zumindest mit aller Kraft zu glauben.

Denn deine Huld ist besser als das Leben, darum preisen dich meine Lippen. Ich will dich rühmen mein Leben lang, in deinem Namen die Hände erheben.

Das nackte Überleben ist nicht viel, das wissen wir, wenn wir Menschen in Slums und Flüchtlingslagern "leben" sehen. Es ist ein Elend. Ich bin überzeugt, dass es so ein nacktes Überleben auch in geistlicher Hinsicht geben kann. Gottes Gnade ist natürlich tausendmal besser als so ein geistlich nacktes Überleben, zu wissen: Ich habe einen Beistand in Gott. Ich bin nicht allein. Und dafür will ich Ihn loben, will Ihn bezeugen, mit allem, was mein Leben ist, solange mein Leben dauert.

Wie an Fett und Mark wird satt meine Seele, mit jubelnden Lippen soll mein Mund dich preisen.

Das Gegenbild zu den ersten Versen des Psalmes: Wurde dort über Durst geschrieben, der nahe an den Tod heranführt, so beschreibt unser Psalmist hier ein Festmahl. Das Festmahl, das derjenige geistlich essen kann, der Gott kennt. Unsere Seele wird satt an Ihm, wenn wir Ihn gefunden haben. Sie wird gekräftigt, stark gemacht für die großen Anstrengungen, die unweigerlich folgen werden.

Ich denke an dich auf nächtlichem Lager und sinne über dich nach, wenn ich wache.

Ja, wenn ich Gott suche, so wird Er nach und nach in meinem ganzen Leben gegenwärtig. Er durchdringt mein Sein ganz und gar, und es gibt keinen Moment, in dem Er nicht präsent ist im Geiste. Ob ich schlafe oder wache, ob ich gehe oder ruhe ...

Ja, du wurdest meine Hilfe; jubeln kann ich im Schatten deiner Flügel.

In tausendundeiner Situation in meinem Leben durfte ich Gott schon erfahren, Seine Liebe, Seinen Schutz, Sein Wirken und Eingreifen. Er hat meine unlösbaren Probleme gelöst und mir Unmögliches ermöglicht. Solange Er mich schützt, kann ich jubeln und mich freuen, brauche mich vor nichts und niemandem zu fürchten. Ein beruhigendes Wissen.

Meine Seele hängt an dir, deine rechte Hand hält mich fest.

Ich habe meine Hoffnung auf den lebendigen Gott gesetzt, alles auf eine Karte, volles Risiko. Und es war wohl gut so: Er hält mich mit Seiner Rechten.

Viele trachten mir ohne Grund nach dem Leben, aber sie müssen hinabfahren in die Tiefen der Erde.

Man kann manchmal erschrecken, wenn ohne Grund jemand versucht, der eigenen Seele Schaden zuzufügen. Einer, dem ich ausschließlich Gutes tun wollte, wendet sich plötzlich gegen mich, scheint mein (geistliches) Leben beenden zu wollen. Ich weiß nicht, warum er es tut und ich bekomme es erst einmal mit der Angst zu tun. Doch genau hier zeigt sich, ob mein Glaube auch trägt: Ich darf ja darauf vertrauen, dass Gott bei mir ist (auch, wenn ich Ihn nicht wahrnehme) und diejenigen, die mich vernichten wollen, ihr Urteil finden werden. Habe ich dieses Vertrauen? Wenn der erste Schrecken, der erste Fluchtreflex überwunden ist, dann ja. Und dann kann ich mich mutig diesen Menschen stellen. Ich bin ja nicht allein, ich habe ja einen großen Gott, der mit mir ist.

Man gibt sie der Gewalt des Schwertes preis, sie werden eine Beute der Schakale.

Und hier wendet es sich nämlich ins Gegenteil: Nicht ich bin es, die sich fürchten muss, sondern die, die sich gegen mich gewendet haben. Die mir ohne Grund nach dem (geistlichen) Leben trachten. Wie es ein südamerikanischer Bischof beim WJT in Köln ausdrückte: "Sage Gott nicht, dass du ein großes Problem hast, sondern sage deinem Problem, dass du einen großen Gott hast!" (zitiert nach Dr. Werner Thissen, Erzbischof von Hamburg).

Der König aber freue sich an Gott. / Wer bei ihm schwört, darf sich rühmen. Doch allen Lügnern wird der Mund verschlossen.

Dies ist kein gewaltvoller Psalm, sondern ein Psalm, den ein Opfer betet, das befreit werden möchte. Eine flehentliche Bitte an Gott, aus der Todesangst heraus. Ein Kampf um das eigene Vertrauen und ein Wunsch mehr um die eigene Rettung als um das Unheil des Feindes. Ein Psalm, der mir Mut gemacht hat. Gottes Wort gibt Leben. Halleluja!

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