Ich muss schon irgendwie ein bisschen komisch sein im Kopf: Jetzt stehe ich mitten in der Nacht auf, die sowieso schon kurz genug ist, da ich erst gegen 0:15 Uhr zuhause war und um 7:45 beim Zahnarzt sein "darf" zur Wurzelbehandlung, und habe nichts besseres zu tun als zu bloggen. Aber es ist nunmal so, dass ich mich so freue, dass ich das einfach nicht für mich behalten kann.
Gestern war ja nun bei der Studentengemeinde der schon angekündigte Bußgottesdienst. Wir trafen uns gegen acht abends, es war eine ordentliche Hand voll Studenten gekommen (mehr als wir uns in den letzten Semestern hätten träumen lassen) und zwei Priester. Eigentlich völlig überkandidelt, zwei Priester für so 'n paar Männekens, aber in diesem Fall durchaus sinnvoll. Es begann mit einem Wortgottesdienst, den unser Kaplan und Studentenseelsorger vorbereitet hatte. Gleich zu Beginn der Kyrie-Ruf, dann eine Einführung, ein Lied, Einführung zur Lesung, eine Lesung (Josua 7 - Die Sünde Achans und die Niederlage bei Ai), ein Lied, Einführung zur Lesung, eine Lesung (Jesaja 1 - Wascht euch, reinigt euch ...), ein Lied, Einführung zur Lesung, eine Lesung (Epheser 4 - Die Kirche als der eine Leib Christi), ein Lied, Evangelium (Lukas 17 - Die Heilung der zehn Aussätzigen), eine kurze Homilie, ein Auszug aus der Enzyklika "Evangelium Vitae", Fürbitten, Vaterunser, Gebet ... Dann: Gelegenheit zur Einzelbeichte, beim Studentenseelsorger oder beim fremden Beichtvater. Jeder, der wollte. Der Wortgottesdienst hatte etwa eine Stunde gedauert. Positiv zu vermerken ist: Allen voran beichtete der Priester. Das war glaube ich für einige sehr wichtig. Wer fertig war, kam in die Kapelle zurück zum Dankgebet, zur Verrichtung der Buße, zum gemeinsamen Rosenkranzgebet (letzteres passierte eher spontan, war aber ziemlich gut). Die Beichtzeit dauerte auch nochmal etwa eine Stunde. Man merkte einzelnen sehr ihr Befreitsein an. Als sich alle wiedertrafen und nach einer kurzen stillen Zeit dann im Wechsel zwischen Priestern und "Volk" das Magnificat gesungen wurde, merkte man, wie sehr sich die Stimmung gelöst hatte. Vor und in dem Wortgottesdienst war alles sehr angespannt, jeder eher in sich gekehrt. Nun war es mehr eine überschwängliche Freude. Das Schlusslied wurde kurzerhand umgeändert in "Großer Gott, wir loben Dich" (keine Ahnung, was ursprünglich geplant war), und wir sangen auch nach dem Auszug der Priester noch einige Strophen weiter. Dazu muss man sagen, dass das wirklich ein kleines Wunder ist, denn unsere Studentengemeinde singt traditionell denkbar schlecht. Aber es war kein Problem, wir sangen laut und froh und dankbar solange wir konnten. Und zum heimlichen Wahlspruch unserer Studentengemeinde passte es auch: "Wer singt, betet doppelt - wer falsch singt, betet dreifach." Gestern habe ich das erste Mal verstanden: Wenn man so hemmungslos falsch singt, weil die Emotionen so stark sind, in unserem Fall die Freude über die erfahrene Vergebung, dann ist das Gebet in der Tat stärker. (Das heißt ja nicht, dass diejenigen, die singen können, auch falsch singen müssen.)
Anschließend - es war schon deutlich spät - trafen wir uns zur Agape-Feier mit belegten Brötchen und Wein. Manches fehlte, manches wurde improvisiert (Butter vergessen? Macht nichts, wir haben ja Kräuterfrischkäse), manches war einfach klasse (zum Beispiel das mitgebrachte Dessert unserer Nachtischspezialistin). Aber am wichtigsten war, dass es wirklich ein freudiges, ein Liebes-Mahl war. Voller Dankbarkeit und Lobpreis, voller Lachen und Scherzen und Gespräch; nur leider auch irgendwann zuende. Weil ja jeder am Mittwoch wieder aufstehen muss. Wir wetteiferten noch, wer denn den schlimmsten Mittwoch Morgen hat - ich glaube, ich teile mir den ersten Platz mit einer anderen. (Bei mir: Wurzelbehandlung um 7:45 Uhr, wie gesagt, bei ihr: Regale einräumen im Kaufhaus ab 5:30 Uhr) Der Heimweg war noch fröhlich, denn wir gingen zusammen, soweit es eben ging. Und dann verschwanden sicher alle bald im Bett.
Ich hab viel wach gelegen, obwohl ich eigentlich schon vor Beginn des Studentenabends gestern supermüde war. Und eigentlich müsste ich jetzt herumhängen wie ein Schluck Wasser in der Kurve. Aber das tu ich nicht. Mein Kopf dröhnt ein bisschen, aber es geht mir gut! Danke, lieber Gott! Gott, Du bist so groß, so toll, ich weiß gar nicht, wie ich es ausdrücken soll ...
Wenn Herbst ein Zustand ist
vor 5 Stunden
2 Kommentare:
Das ist ja super.
Ich hab Dir irgendwann mal geschrieben, dass gerade in der Diaspora Leute wie Du gebraucht werden (also kleine komische Pinguine :o)). Wegen genau solcher Dinge. Wer weiß, vielleicht habt ihr da ja etwas gestartet, das Kreise zieht. Ich freu mich mit.
Hallo Kai,
das ist nett, dass Du das schreibst, aber ich habe eigentlich gar nichts gemacht. Ich war nichts weiter als eine von mehreren, die dabei waren, ein Glied am Körper, aber kein ausschlaggebendes. Jedenfalls hoffe ich, dass es insbesondere für diejenigen unter uns, die das erste Mal seit wer-weiß-wann gebeichtet haben, eine gute Erfahrung war mit Gott.
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