Urlaubszeit, Ferienzeit! Auch im Bereich des Gottesdienstes eine Zeit der Überraschungen. Mal feiert man die Heilige Messe in einer anderen Gemeinde mit, mal kommen fremde Priester als Urlaubsvertretung in die eigene Gemeinde. Ein bisschen ist das immer ein Glücksspiel, oder, wie Forrest Gump es ausdrücken würde: "wie eine Schachtel Pralinen; man weiß nie, was man kriegt". So auch heute morgen, als ich wieder einmal die volle Dröhnung dessen miterleben durfte, was elein vor einigen Wochen so heftig kritisierte: Ein Priester feierte seine freie Interpretation der Heiligen Messe.
Zum Einzug dachte ich noch: Ein Mann bereits fortgeschrittenen Alters - ok, wahrscheinlich wird's eher traditionell. Aber Pustekuchen. Schon, als er uns mit "Geschwister" statt mit "Brüder und Schwestern" begrüßte (was ja an sich noch nichts Böses ist), merkte ich, dass ich mich getäuscht hatte. Wie sehr, das ließ sich erst im Verlauf des Gottesdienstes feststellen.
Sehr ausschweifend wurden wir in die Thematik eingeführt. Leider ging dies mehr in die Breite als in die Tiefe, aber man ist ja nicht so anspruchsvoll, und sympathisch schien der gute Mann da vorne ja auch irgendwie. Also war ich gespannt auf die Predigt, denn das ist ja das schöne bei fremden Priestern: Man bekommt manchmal unerwartet ganz neue Impulse und wird zu einem anderen Blickwinkel geführt. Das war heute dann stellenweise auch der Fall. Die Homilie war eine - teils sehr gewagte, für mein Empfinden - Auslegung der Tageslesungen, verbunden mit ziemlich vage gehaltenen Anwendungstips für das tägliche Leben. Habe schon bessere gehört, aber auch schon schlechtere, und man ist ja als Diaspora-Christ auch dankbar, dass man überhaupt noch Priester hat ... Insgesamt passte es aber zum Charakter der Predigt, dass sie statt mit dem üblichen "Amen." mit einem eher weltlichen "Vielen Dank." beendet wurde - das unterstrich für mich noch einmal den Eindruck, dass sie mehr als allgemeine Erwägung im Stile eines Beitrages zur Meinungsbildung gedacht war denn als Lehre über Gottes Wort. Und so ging es dann weiter mit Credolied und Fürbitten, wobei die Einleitung der Fürbitten so undiszipliniert wortreich formuliert wurde, dass die Lektorin es gar nicht mitbekam, als sie endlich vorbei war und sie hätte anfangen können - aber nach einer Extraaufforderung war auch diese Hürde genommen.
Nun aber! Die Eucharistiefeier. Wie wenig ich dies mag, wenn ein Priester immer selbst formulieren will! Reicht es nicht, dass er in der Predigt völlig frei ist? Besonders misslich ist solches Verhalten, das keinen Satz so lässt, wie er im Messbuche steht, wenn das Ergebnis nicht einmal syntaktisch korrekt ist. Und richtig dumm wird es, wenn man nicht einmal mehr den Sinn eines Satzes versteht. Oder, wie im Wechselgebetsteil der Präfation mehrfach geschehen, wenn die Umformulierung derart frei ist, dass die Gemeinde gar nicht mehr erkennt, welche Antwort jetzt gerade von ihr erwartet wird und dann einfach gar nichts sagt. Und so ging das das ganze Hochgebet hindurch - man wusste vor lauter Zusätzen, Einfügungen, Erklärungen nicht, wo man gerade war; man wusste nicht einmal, an welches Hochgebet dieser Textschwall eigentlich angelehnt sein sollte. Es war deutlich schlimmer als die Heilige Messe in einer Sprache mitzufeiern, deren man nicht mächtig ist. Denn dann weiß man wenigstens, warum man sich nicht so gut zurechtfindet. So war ich nachher dann schon beinahe erstaunt, dass wenigstens die Einsetzungsworte selbst nahezu unverändert blieben. Dennoch war ein gesammeltes Gebet für mich ob der Umstände schwierig, denn mein Inneres wehrte sich einfach gegen diese Vorstellung. Es war für mich fast wie eine Art trauriges Theaterstück. Komisch wurde es, als dann nicht nur gebetet wurde für Papst und Bischof, sondern auch für "sein alter ego", den Generalvikar. Ein weiterer Schocker war, als ich dachte, es könne nicht mehr schlimmer kommen, die deutliche Aufforderung, die Doxologie des Hochgebetes gemeinsam zu sprechen. Die Gemeinde ist dieser Aufforderung nicht nachgekommen - ich hätte sie dafür knuddeln können.
In diesem Stile ging es weiter. Schmerzhaft war für mich, wie ich es aber leider häufiger erlebe, dass eine Purifikation nach der Kommunion nicht stattfand. Was ist uns unser Allerheiligstes eigentlich noch wert? Nicht einmal diese Minute? Das Schlussgebet war dann leider auch wieder völlig unverständlich. Zum Abschluss dankte der Priester noch allen, insbesondere dem Organisten und den beiden Ministrantinnen - zu dumm nur, dass eine der beiden männlichen Geschlechts war. Oder sollte ich nur das Binnen-I überhört haben?
Und was mache ich jetzt damit? Einerseits das, was die geneigte Leserschaft hier sieht: Ich ärgere mich ein wenig, ich bin ein bisschen traurig, ich beklage mich. Andererseits versuche ich, das ganze im Herzen zu bewahren, es im Gebet vor Gott zu tragen und Ihn zu bitten, dass Er alles fügt. Unter anderem auch meine Unfähigkeit, mit diesen immer wiederkehrenden Situationen umzugehen, mich trotz allem zu sammeln und im Gebet zu bleiben.
Wenn Herbst ein Zustand ist
vor 9 Stunden
5 Kommentare:
Nie die Schuld bei sich suchen, die bei anderen liegt!
Als ich in Deinem Alter war, habe ich dann auch stumm gelitten. Heute würde ich sagen: In der Freiheit der Kinder Gottes, nicht jeden Scheiß mitmachen, nicht jedes dumme Lied mitsingen, oder das tun, was meine Gattin (als ehemalige Protestantin) mich gelehrt hat: "Dafür bin ich nicht katholisch geworden" - und raus!
Sehr schön, Amica, wie du da deine sonntägliche Mess-Erfahrung zusammengefasst hast. Kann ich gut nachempfinden ...
Und alles Gute für deine aufwändige Vorbereitung auf die nächste große Prüfung!
LG,
Günther aus Wien
genau genau genau so gehts mir auch immer...aber was sag ich, das weißt du ja :)
Mit der Urlaubsvertretung bei uns hab ich echt Glück gehabt, ein Priester aus Nigeria, der hat uns sogar in der Predigt spontan erklärt, dass das Halleluja vor dem Evangelium doch ein Danke an Gott sei (weil die Gemeinde dazu wie immer nicht aufgestanden ist). Und jetzt gibts nächste Woche sogar jeden Tag nen Gottesdienst bei uns *freu*
lg elein
@elein
Ich sag ja: Schachtel Pralinen.
Das Ärgerliche ist, dass die meisten dieser Eigenkreationen oder Zusätze eben auch inhaltlich und formal wesentlich hinter den amtlich zugelassenen Texten zurückbleiben. Es gibt aber auch einzelne Fälle, wo eine solche Hinzufügung theologisch gut begründet und schön ist, der Zelebrant aber dennoch darauf verzichten sollte. (Und diese Demut ist gewiss nicht zu viel verlangt.)
Ich habe übrigens Ende der 80er Jahre einen Jesuiten erlebt - einen hervorragenden Priester -, der in der wöchentlichen Schulmesse immer gebetet hat »in Gemeinschaft mit unserem Papst Johannes Paul, unserem Bischof Joachim hinter der Mauer im anderen Teil der Stadt, dem evangelischen Landesbischof Martin Kruse, allen Bischöfen etc.«
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