Mittwoch, 11. Juli 2007

Ich hasse Abschiede.

Es gibt nur noch wenige Gelegenheiten, zu denen bei mir ein Satz mit "ich hasse" beginnt - das habe ich mir abgewöhnt, denn meistens ist dieses Wort viel zu stark. Aber ich hasse Abschiede wirklich. So mühe ich mich oft, dass Abschiede von Personen, die mir wichtig sind, keine dauerhaften werden. Manchmal klappt es, manchmal nicht, und es hängt ja auch nicht von mir allein ab.

Irgendwie wird es aber jetzt schon fast zur Tradition, dass wir Frankfurter Studenten uns mit dem Wechsel vom Winter- aufs Sommersemester von einem Studentenseelsorger verabschieden müssen. Ich erinnere mich nicht mehr ganz genau, wann es war, dass T ging; er war Pastoralreferent und hatte dann, als ich an der Uni anfing, auch die Studentenseelsorge und die Krankenhausseelsorge übertragen bekommen. Ging er dann vor genau drei Jahren, das wäre nach meinem zweiten Semester gewesen, oder ging er schon ein Semester früher? Naja, zu T hatte ich auch nicht diesen richtig persönlichen Kontakt; damals war ich eh nicht wirklich der Ansicht, einen Seelsorger zu brauchen.

Das änderte sich aber in meinem zweiten Jahr an der Uni, und so war ich traurig, als vor zwei Jahren (praktisch zwischen meinem 4. und dem 5. Semester) G wegversetzt wurde. Er war ein polnischer Priester, der in Frankfurts Bruderstadt Słubice Studentenpfarrer war, aber auch auf unserer Seite der Oder mit in der Hochschulseelsorge aktiv war. G hatte, obwohl er nun wirklich mit mehreren Tätigkeiten in verschiedenen Städten mehr als nur ausgelastet war, immer und jederzeit einen Riecher dafür, wie es den Studenten ging. Und er fragte, wenn einer traurig guckte. Unermüdlich setzte er sich dafür ein, dass wir trotz unserer manchmal harten Studienabläufe ein wenig Ruhe in der Studentengemeinde bekamen und wenigstens eine gute Betreuung, ein tröstendes Wort, einen verständnisvollen Zuhörer. Auch für mich persönlich war er immer da, ich musste ihn nicht einmal ansprechen, denn er war es, der mich ansprach, wenn etwas nicht stimmte. G ziehen zu lassen, das schmerzte mich.

Vor einem Jahr, nach meinem 6. Semester, ging dann M Er ist nach Berlin versetzt worden, ins Erzbischöfliche Ordinariat, wo er einen nicht geringen Teil seiner Zeit hinter einem Schreibtisch verbringen darf. Als Priester ist er wohl derjenige, der mich am meisten geformt und geprägt hat, und der das auch heute noch fortsetzt. Insofern will ich über M auch am wenigsten schreiben. Nur, dass er halt durch seine Art, sowohl seinen Glauben zu bekennen als auch insbesondere die Messe zu feiern, mich tief beeindruckt hat und immer noch immer wieder beeindruckt.

Ja, und jetzt, zu Ende meines 8. Semesters ... Gestern verabschiedeten wir Studenten J - mit Kuchen, Tiramisu und Fotos. Dieser Abschied ist nochmal was anderes, denn J geht komplett auf eigenen Wunsch, um sich einer Ordensgemeinschaft anzuschließen. Insofern weiß ich, dass er zumindest dort, wo er hingeht, gut aufgehoben ist, und das gibt der Sache einen anderen Touch. Nichtsdestowenigertrotz reißt es in unsere Studentengruppe ein nicht unwesentliches Loch, wenn er jetzt nicht mehr hier ist. Auch mich persönlich trifft sein Weggang. Denn ich war im letzten Jahr in die Organisation unserer Studentengemeinde stärker eingebunden als je zuvor, und dementsprechend intensiv war auch der Kontakt zu J, der zusätzlich zur Seelsorge eben auch noch einen starken Zusammenarbeitscharakter aufwies. Dabei haben wir uns nicht selten auch aneinander gerieben, denn auch Enttäuschungen und Missverständnisse blieben manchmal nicht aus. Aber wir konnten immer auf ehrliche Weise miteinander sprechen, ohne verletzend zu werden - was, wie ich sehr genau weiß, auch im kirchlichen Bereich nicht selbstverständlich ist - und haben durch die gemeinsame Lösung von Problemen sicher auch einiges an verbindenden Erinnerungen. Dazu kommt, dass J in mancher Hinsicht meine spezielle Situation nicht nur verstehen kann, sondern sie auch aus eigener Erfahrung kennt. Das war auch ganz cool, denn vieles musste eben nicht extra groß und ausschweifend erklärt werden, sondern es reichte ein einziges Wort. So lasse ich J mit einem lachenden und einem weinenden Auge ziehen, wenn er Ende dieser Woche auch aus der Gemeide Heilig Kreuz verabschiedet wird - mit der Aussicht, ihn in 7 1/2 Wochen bereits zu besuchen in seinem Kloster und der Hoffnung, auch danach den Kontakt nicht zu verlieren.

Jetzt kriegen wir mal wieder einen neuen Studentenseelsorger. HB wird er heißen, und ich habe ihn bei seiner Priesterweihe schon gesehen und auch die Heilige Kommunion aus seiner Hand empfangen. Sonst weiß ich aber wenig über ihn und harre mit Spannung der Dinge, die da kommen. Jedoch hoffe ich einfach mal, dass er die Tradition nicht fortsetzt, denn in vier Jahren vier Studentenseelsorger finde ich eigentlich zu viel. Studentenseelsorge braucht auch Kontinuität, denn nicht nur an meiner eigenen Person sehe ich, dass auch immer sehr viel an der Person des Seelsorgers hängt. Ich hoffe, dass der nächste Abschied von einem Studentenseelsorger mein eigener aus Frankfurt (Ost) sein wird.

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