Das war ein ganz faszinierender Abend, den ich heute erlebt habe. Als Studentin bin ich eigentlich eine dauerhaft Lernende (wie war noch gleich die Definition von "Intervention" im völkerrechtlichen Sinne?) , aber heute abend durfte ich lehren. Und zwar ging es darum, einen Weihnachtsstern zu basteln in der Origami-Technik. Also nur Papier, kein Klebstoff, keine Schere. 20 Zacken, dreidimensional. 6 Schüler, 3 mit Deutsch als Muttersprache, 2 mit Polnisch und eine mit Englisch. Ausgangshaltungen von "Endlich kann ich mal wieder basteln", bis "Sowas kann ich sowieso nicht." Zum Glück waren alle guter Laune und aufmerksam. Ich habe Spaß am Unterrichten, muss ich sagen. Es macht mich glücklich, wenn jemand etwas von mir lernen kann. Insofern war der Abend für mich perfekt.
Allerdings habe ich auch selbst viel gelernt.
Zum einen: Man kann nicht einmal sechs erwachsene Menschen dazu bringen, aufeinander zu warten, bis alle einen Lernschritt nachvollzogen haben. Schon bei den ersten Schritten ging das schief. Da ist mal einer nicht so schnell, braucht persönliche Hilfe - ein anderer, schnellerer hat garantiert schon Langeweile und versucht sich allein am nächsten Schritt. Das kann sehr schnell schief gehen, wenn das Projekt etwas komplexer ist (wie zum Beispiel unser Stern). Macht aber nichts, denn durch "Try and Error" lernt man ja bekanntlich auch sehr gut. Das ist das zweite, was mir heute abend neu deutlich wurde: Man braucht nicht immer einen Lehrer, wenn man nicht gleich beim ersten Fehler das Handtuch wirft, sondern einfach weiter versucht.
Das dritte und vielleicht wichtigste, was ich heute gelernt habe: Motivieren kann man jeden auf eine andere Art, und was beim einen den Ehrgeiz anstachelt, kann beim anderen in die Gegenrichtung ausschlagen. Deshalb ist es wichtig, auf den einzelnen eingehen zu können und ihn ein wenig zu kennen. Zu guter Letzt bleibt mir zu sagen, dass man auch die Grenzen erkennen muss. Nicht immer kann jeder das "Lernziel" erreichen; manchmal gibt es äußere Umstände, die schlichtweg hindern. Dann gilt es, mal etwas mehr Hilfestellung zu geben und vielleicht auch einzusehen, wo es für den anderen zur Qual wird, wo man auch nichts mehr erreicht. Dann muss man eine andere Art der Lösung finden. Diese Leute haben ihre Fähigkeiten meist auf einem anderen Gebiet, oder die Tagesform war einfach nicht so richtig toll. (Ich würde mir ja die Möglichkeit wünschen, einfach mit diesen Leuten zu einem anderen Zeitpunkt weiterzumachen, denn das elendige "Ich kann das nicht", das nehme ich niemandem ab. Jedenfalls nicht nach nur einer Stunde. Ich selbst habe das beim ersten Sternbastelversuch auch gesagt, und heute falte ich die Dinger in größeren Mengen und in einem erstaunlichen Tempo.)
Das war nun meine Perspektive; ich bin mir sicher, jeder andere der Anwesenden würde über unseren Bastelabend ganz anders berichten. Wahrscheinlich würde da von Taizé-Musik im Hintergrund, netten Gesprächen und einem guten Gläschen Wein erzählt, von fotografierenden Neuseeländerinnen und vielen Anekdötchen aus dem Leben des einen oder der anderen. Aber meine Perspektive war heute die der Lehrerin, deren große Freude es ist, wenn andere etwas von ihr lernen können.
Und: Ich habe einen großen Respekt vor Grundschullehrern, die nicht nur einmal einen Abend unterrichten, sondern 5 Tage die Woche, und nicht sechs erwachsene Menschen, sondern 25 Kinder von 6 oder 7 Jahren, die alle unterschiedlich sind, die alle etwas anderes brauchen - die aber alle am Ende des Jahres lesen und schreiben und rechnen können sollen (und nicht nur einen lächerlichen Stern falten). Hut ab!
Wenn Herbst ein Zustand ist
vor 14 Stunden
1 Kommentar:
Liebe Amica,
endlich komme ich auch mal dazu, dein Weblog anzuschauen! Es gefällt mir sehr gut!
Ich fürchte, für so etwas würde mir die Zeit fehlen... :-(
Gewiss, Grundschullehrer sind nicht unbedingt zu beneiden... eigentlich Lehrer im Allgemeinen nicht... ;-)
Ich wünsche Dir eine schöne Restwoche!
Liebste Grüsse, Celestina
Kommentar veröffentlichen