Sonntag, 24. Mai 2009

Ergebnis einer Betrachtung

Gestern war ich ja, wie bereits geschrieben, auf Fußwallfahrt. Ich will diesmal keinen ausführlichen Bericht schreiben, das hab ich ja die letzten beiden Jahre schon gemacht, und sooo viel anders war es nicht. Es war eine Wallfahrt durch und durch.

Worüber ich heute schreiben möchte, ist etwas anderes. Ich möchte einen Teil der Wallfahrt herausgreifen, der mir sehr wichtig geworden ist über die Jahre. Jedes Jahr nehmen wir uns das Tagesevangelium vor und betrachten es etwa eine halbe Stunde lang in Stille. Das ist gut, denn man tut es gemeinsam - weil man ja als Gruppe läuft - und doch allein mit Gott. Eine sehr intensive Sache, und manchmal ist es so, dass die Sachen, die man am Wegesrand sieht, irgendwie sehr gut zu dem betrachteten Text passen. (Mir ging es gestern so, als wir an einem Etablissement mit rotem Lämpchen vorbeigingen.)

Das Tagesevangelium von heute, also Sonntag, das wir betrachtet haben, war aus dem Evangelium nach Johannes 17,11-19. Ich habe mir allerdings nur eine kurze Stelle herausgegriffen, wie es auch empfohlen war, denn Johannes ist zu kompliziert, um in einer halben Stunde so eine lange Stelle zu durchdringen. Meine Stelle hatte mich beim ersten Hören quasi "angesprungen": Joh 17,14.

Ich habe ihnen dein Wort gegeben,
und die Welt hat sie gehaßt,
weil sie nicht von der Welt sind,
wie auch ich nicht von der Welt bin.


"Sie", das sind wir, die Jünger Jesu, Seine Anhänger - in heutiger Zeit die Christen. Die Welt hasst uns. Warum? Weil wir nicht von der Welt sind. Wir sind Fremdkörper in der Welt. Zwar sind wir hier hineingeboren, aber dennoch sind wir nicht von dieser Welt. "Wir sind nur Gast auf Erden" - das singen wir häufig, wenn einer heimgegangen ist. Aber warum machen wir uns nicht auch dazwischen öfter mal Gedanken darüber? Ich hab mir das jetzt vorgenommen, denn irgendwie ist der Gedanke tröstlich, wenn ich mich mal wieder mit meinem Glauben nicht angenommen fühle: Ich bin ja nicht von dieser Welt, ich bin hier nur zu Gast.

Das wiederum führt mich auf einen anderen Gedanken: Ich bin hier zu Gast, also verhalte ich mich auch wie ein Gast. Ich versuche, meinem Gastgeber - der Welt - nicht zur Last zu fallen. Ich versuche, ein Geschenk mitzubringen: meinen Glauben. Natürlich dränge ich mich damit nicht auf - das tun Gäste nicht - aber ich biete mein Geschenk an. Und das tu ich mit Höflichkeit und Fröhlichkeit, wie es gute Gäste tun.

Manchmal ist das schwer, aber da hilft mir der erste Teil des Verses, den ich betrachtet habe: "Ich habe ihnen dein Wort gegeben." Etwas später im heutigen Evangelium sagt Jesus: "Heilige sie in der Wahrheit; dein Wort ist Wahrheit" (Joh 17,17). Wenn Gottes Wort = Wahrheit, kann man den Satz umschreiben in "Ich habe ihnen die Wahrheit gegeben". Und am Anfang des Johannesevangeliums steht ja auch "Das Wort war Gott" (Joh 1,1). Jesus hat uns Gott gegeben, der die Wahrheit ist. Er entzieht sich uns, bald schon, nachdem Er dies alles sagt (ist ja schließlich aus den Abschiedsreden), aber Er lässt uns nicht allein - deshalb betet Er ja, dass Gott uns bewahren soll.

Eine Frage hab ich mir noch gestellt (und sofort beantwortet): Wenn Jesus heimgeht zum Vater, wenn wir nicht von hier sind, wenn Er uns bisher behütet hat - warum nimmt Er uns dann nicht gleich mit, sondern bittet den Vater, uns zu bewahren? Die Antwort drängt sich auf: Gott hat die Welt so sehr geliebt, dass Er Seinen einzigen Sohn in die Welt gesandt hat (vgl. Joh 3,16) - und der muss nun sterben wegen der Sünden der Welt - aber wir, wir sollen Seine Mission fortführen.

An dieser Stelle war es 18 Uhr, und mit dem gemeinsamen Gebet des Regina Caeli beendeten wir unsere Schweigezeit. Vielleicht sind meine Gedanken nicht neuartig oder brilliant oder bedeutsam, aber für mich waren sie befruchtend und ermutigend. Ein neuer Anstoß. Und den brauchte ich. Ich bin dem HERRN sehr dankbar für dieses Gnadengeschenk und für unsere ganze Wallfahrt - selig der Mensch, der Kraft findet in IHM, wenn er sich zur Wallfahrt rüstet ...

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