Freitag, 8. Februar 2008

Fasten - wie denn das?

Unübersehbar für Kirchgänger: Die Fastenzeit hat begonnen. Aschenkreuz am Mittwoch, nur noch violette Gewänder, kein Halleluja mehr. Hier in meinem ostdeutschen Umfeld ist es für mich eine Herausforderung besonderer Art. Einerseits soll man das Fasten nicht zur Schau tragen, wie wir es ja am Aschermittwoch gehört haben. OK, ich mach kein durchgehend trübsinniges Gesicht, das würde meinem Naturell widersprechen, und ich kleide mich auch nicht in Jutesäcke. Andererseits fände ich es auch merkwürdig, mein Fasten zwanghaft zu verstecken, denn das würde jegliches Nahrungsfasten unmöglich machen (jedenfalls für den Studenten, der in die Mensa geht) und auch eine Möglichkeit zum Zeugnisgeben verhindern, das diese Umgebung aber dringend braucht. Ich halte es so, dass ich mir zB in der Mensa täglich das vegetarische Gericht hole (oder, falls mir das so gar nicht zusagt, ein Fleischgericht "ohne Fleisch"). Das fällt weder mir schwer noch den anderen auf, denn ich esse sowieso sehr häufig fleischlos. Was interessanter ist: Ich lasse mir extra eine kleinere Portion geben, denn in dieser Zeit esse ich nur, bis ich satt bin, und nicht darüber hinaus. Da wird dann schon mal gefragt. Auf diese Fragen antworte ich kurz und sachlich, und wenn nochmal nachgefragt wird, erzähle ich auch mehr.

Anderes Thema: Feiern und Alkohol. Natürlich mache ich nicht durchgehend ein trübsinniges Gesicht, das widerspräche meinem Naturell. Und wenn meine beste oder zweitbeste Freundin Geburtstag hat oder ein Kollege seinen Ausstand gibt, gehe ich da hin, auch wenn Fastenzeit ist. Aber der Alkohol bleibt weg in diesen Tagen. Auch das erkläre ich - wenn denn gefragt wird.

Und? Bin ich damit jemand, der wirklich fastet? Das allein genügt nicht, denn so wär mein Fasten schließlich nicht mehr als "FdH". Die innere Umkehr ist entscheidend. Da liegt das größere Problem. Lasse ich mir von den äußeren Gegebenheiten und den tatsächlichen Opfern (weniger und einfacheres Essen, Verzicht auf Genussmittel, dafür mehr Obst und Gemüse sowie mehr Flüssigkeit) tatsächlich zu einem Fasten verhelfen, wie der HERR es liebt?

In der ersten Lesung von heute hören wir es:

"Ist das ein Fasten, wie ich es liebe, ein Tag, an dem man sich der Buße unterzieht: wenn man den Kopf hängen lässt, so wie eine Binse sich neigt, wenn man sich mit Sack und Asche bedeckt? Nennst du das ein Fasten und einen Tag, der dem Herrn gefällt? Nein, das ist ein Fasten, wie ich es liebe: die Fesseln des Unrechts zu lösen, die Stricke des Jochs zu entfernen, die Versklavten freizulassen, jedes Joch zu zerbrechen, an die Hungrigen dein Brot auszuteilen, die obdachlosen Armen ins Haus aufzunehmen, wenn du einen Nackten siehst, ihn zu bekleiden und dich deinen Verwandten nicht zu entziehen." (Jes 58,5-7)

Also kommt es viel mehr als auf alles, was ich bezogen auf meine Person "leiste", auf das an, was ich an meinem Nächsten tue. Wenn ich einfach nur auf Essen und auf dies und jenes verzichte, mir dabei möglichst noch selbst eine Art von Gewalt antue (ständiger Hunger, den ganzen Tag nur mit dem Kampf beschäftigt sein, jetzt bloß nicht zur Schokolade zu greifen und zu keiner Arbeit mehr fähig sein), dann handelt es sich tatsächlich nur um eine Diät. Und dann würde ich genau das weiter tun, was im Zitat aus dem Buch Jesaja angeprangert wird: Nur um mich selbst kreisen und Gott und den Nächsten vergessen. Die Botschaft ist eindeutig: Es ist wichtiger, für die anderen da zu sein. Auch das allein wäre nach meinem Verständnis ein hinreichendes Fastenopfer: Da sein für die anderen. Beispiele, wie das gehen kann, sind ja im Schriftwort genügend gegeben.

Warum faste ich dann trotzdem Nahrung? Ist das ganz und gar überflüssig? Nein. Ich glaube nicht. Wenn ich in meinem Leben auf das Überflüssige verzichte, kann das zwei gute Auswirkungen haben: Zum ersten habe ich tatsächlich mehr Geld über, das ich den Bedürftigen geben kann. Klare Rechnung nach Adam Riese: Geld kann man nur einmal ausgeben. Und für mich als Studentin ist es tatsächlich so, dass ich mich entscheiden muss, denn beides kann ich mir nicht leisten. Das zweite ist aber: Durch das Abstehen vom Überflüssigen habe ich auf einmal mehr Zeit. Wenn ich mit Essen schon fertig bin, kann ich mich intensiver dem Gespräch widmen, die Sorgen und Fragen meiner Mitmenschen wahrnehmen, mich darauf konzentrieren, was der andere braucht. Der Blick weitet sich. Ich schaue nicht mehr auf mich selbst, sondern auf meine Umwelt und bin endlich mal richtig für sie da.

Noch deutlicher wird das in einem ganz persönlichen Beispiel von mir. Ich lade jeden ein, einmal darüber nachzudenken, ob es in seinem Leben nicht Entsprechungen gibt. Ich telefoniere viel mit Freunden, Flatrates sei Dank. Nun habe ich diese dumme Angewohnheit, dabei ein banales Spiel zu spielen. Wir kennen die ja alle, Minesweeper oder Solitär, die laufen fast von selbst. Eigentlich. Aber dennoch ist es so: Einen Teil meiner Aufmerksamkeit widme ich dem Spiel. Ich bin nie (oder selten) ganz, komplett, vollständig bei dem, was mir gerade erzählt wird. Das kann im Extremfall so weit führen, dass ich meinem Gesprächspartner gar nicht mehr zuhöre. Für die Fastenzeit habe ich mir diese Spiele verboten. Nicht nur beim Telefonieren, sondern ganz und gar. Auf diese Weise will ich Zeit und Aufmerksamkeit gewinnen, die ich dann anderen widmen kann. Und dieses Opfer, das fällt mir persönlich am schwersten. Aber ich versuche es, denn ich bin überzeugt, dass es für mich der Ansatz ist für das Fasten, wie der HERR es liebt. Und so hoffe ich auf Seine darauf folgende Verheißung:

"Dann wird dein Licht hervorbrechen wie die Morgenröte und deine Wunden werden schnell vernarben. Deine Gerechtigkeit geht dir voran, die Herrlichkeit des Herrn folgt dir nach. Wenn du dann rufst, wird der Herr dir Antwort geben, und wenn du um Hilfe schreist, wird er sagen: Hier bin ich. " (Jes 58,8-9)

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